Premiere auf der Weltbühne 2025
Temperamentvolles Theater mit Showelementen: „Romeo und Julia und die Zähmung der Widerspenstigen“ heißt das neue Stück des Neuen Theaters der Gymnasialen Oberstufe im Schulzentrum Carl von Ossietzky (CvO) in Geestemünde. Nun war Premiere.
Artikel in der NZ von Otto Oberstech 1. Dezember 2025
Gezeigt wurde das Stück auf der Weltbühne, wie der kleine Theaterraum im Schulgebäude genannt wird. Gleich zu Beginn stürmt das 13-köpfige Ensemble die Bühne, postiert sich im Halbkreis und skandiert Passagen aus den beiden Shakespearedramen, auf denen das Stück basiert. Schnell wird klar: Das wird hier kein distinguiertes Sprechtheater aus vergangenen Zeiten in gestelzter Sprache. Die Theatergruppe hat unter Anleitung von Regisseur Rainer Behrens die alten Texte aus dem 16. Jahrhundert einer Revision unterzogen und in die heutige Zeit transformiert. Denn die Themen von damals sind heute nach wie vor aktuell: erste Liebe, Selbstbestimmung, Stress mit der Familie und einengende Rollenerwartungen.Komplexe Konflikte müssen die Protagonisten überwindenIn „Romeo und Julia“ stehen die verfeindeten Familien Montague und Capulet aus Verona im Mittelpunkt, deren Kinder Romeo und Julia sich ineinander verliebt haben. Doch die können nicht zueinander kommen, weil Julia bereits dem Grafen Paris versprochen ist.In der „Widerspenstigen Zähmung“ muss die ältere Tochter Katharina zuerst heiraten, ehe die jüngere Schwester Bianca mit ihrem Traummann zum Altar darf. Das Problem ist nur, dass Katharina ausgesprochen zickig ist und alle Verehrer verprellt. Der Macho Petruchio wendet allerlei Tricks an, um sie „in den Griff“ zu bekommen. Aus den vielfältigen Konfliktfeldern der beiden Stücke hat das Ensemble die wichtigsten Szenen herauskristallisiert: Wie Romeo und Julia sich ihre Liebe gestehen; die Streitigkeiten der Familien, die auf der Bühne in eine handfeste Keilerei ausarten und das selbstbewusste Auftreten der rebellischen Katharina, die sich erst nach Exzessen von häuslicher Gewalt durch Vater Signore Battista (offensichtlich scheinbar) dem herrischen Macho Petruchio geschlagen geben muss. Alexandru Negel gibt eine äußerst dynamische Version des Romeo, schlägt Saltos und sprintet über die Bühne. Dass Shakespeare das so vorgesehen hat, erscheint eher unwahrscheinlich. Jana Krüger zeichnet eine selbstbewusste Julia und überzeugt durch enorme Bühnenpräsenz, die man auch Nele Brinkmann als Katharina zugestehen muss. Rollenklischees werden ironisch aufs Korn genommenIn der Mitte des Theaterabends verlässt das Ensemble die historische Ebene und wird zur modernen Showtruppe. In bunten Glitzerjacketts werden Rollenklischees ironisch aufs Korn genommen und der Grönemeyer-Hit „Männer“ wird in „Frauen“ umgedichtet. Grandios die Persiflage auf die Unsinnigkeiten der Gendersprache und ihre Wortungetüme. Über „Bürgerinnenmeisterinnenkandidatinnen“ darf herzlich gelacht werden. Plakatives Schubladendenken ist nicht die Sache des jungen Ensembles, das unter dem Schwenken der Regenbogenflagge die Bühne verlässt und am Ende von den Premierengästen begeistert gefeiert wird. Das Stück wird außer in Bremerhaven auch in Nordenham und Achim aufgeführt und wurde von der swb Bildungsinitative gefördert. (ech/skw)

